Warum das Leben allein oft teurer ist als zu zweit: Miete, Versicherungen, Steuern
Viele Menschen gehen davon aus, dass Singles mehr Geld zur Verfügung haben, da sie nur für sich selbst aufkommen müssen. Die Realität sieht jedoch anders aus. Das Leben allein ist teurer. Das ist nicht nur ein Gefühl. Es ist nachweislich durch Daten und Statistiken in Deutschland belegt. In einem Land, in dem die Zahl der Einpersonenhaushalte stetig steigt, wird die Frage, warum Singles pro Kopf mehr zahlen, zu einem gesellschaftlich relevanten Thema.
Wohnkosten – Warum Singles pro Kopf mehr zahlen
Für die meisten Haushalte ist die Miete der größte Kostenblock. Wer alleine wohnt, muss sämtliche Fixkosten für Wohnraum, Nebenkosten und Grundgebühren selbst tragen. Eine 60 Quadratmeter große Zweizimmerwohnung kostet beispielsweise nicht die Hälfte einer 120 Quadratmeter großen Wohnung, sondern pro Quadratmeter oft deutlich mehr. Paare teilen sich diese Kosten, während Singles sie allein schultern müssen. Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis, 2023) liegt die durchschnittliche Pro-Kopf-Belastung für Miete und Nebenkosten bei Einpersonenhaushalten in Städten rund ein Drittel höher als bei Paaren. Besonders in Ballungsräumen, in denen Wohnraum knapp ist, verstärkt sich dieser Effekt.
Versicherungen – Kein Vorteil durch Partnertarife
Ein weiteres Feld, in dem sich die Kosten unterscheiden, sind Versicherungen. Paare profitieren in Bereichen wie Haftpflicht-, Hausrat- oder Kfz-Versicherung von Partnertarifen. Singles hingegen müssen die vollen Beiträge zahlen, selbst wenn sie vergleichbare Risiken abdecken. In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zeigt sich zudem eine strukturelle Benachteiligung. So zahlen Kinderlose in Deutschland seit 2005 einen Zuschlag zur Pflegeversicherung, während Eltern von einem ermäßigten Beitragssatz profitieren. Auch bei der Rentenversicherung gibt es einen Nachteil: Singles können nur auf ihre eigenen Einzahlungen zählen, während Ehepaare durch Witwen- oder Witwerrenten abgesichert sind.
Steuern und Freibeträge – Benachteiligung im System
Das deutsche Steuersystem ist stark auf Ehe und Familie ausgerichtet. Durch das Ehegattensplitting haben Paare mit unterschiedlichen Einkommen eine deutlich geringere Steuerlast als zwei Singles mit identischem Gesamteinkommen. Laut OECD-Daten aus dem Jahr 2023 gehört Deutschland jedoch zu den Ländern mit der höchsten Steuerlast für alleinstehende Durchschnittsverdiener. Während Familien zahlreiche Freibeträge nutzen können – vom Kinderfreibetrag bis zu steuerlichen Abzugsmöglichkeiten –, bleibt Alleinstehenden nur der Grundfreibetrag. Hinzu kommt, dass Alleinstehende im Erbrecht schlechter gestellt sind. Nicht verheiratete Partner zahlen in der Regel deutlich höhere Steuern als Ehegatten.
Fixkosten und Haushaltsführung – der fehlende Skaleneffekt
Auch im Alltag zeigt sich der Nachteil des Alleinlebens. Strom- und Internetverträge kosten für Singles genauso viel wie für Paare und der Rundfunkbeitrag fällt pro Haushalt und nicht pro Kopf an. Ein Kühlschrank, eine Waschmaschine oder ein Auto werden allein genutzt, verursachen aber dieselben Anschaffungs- und Unterhaltungskosten wie in einem Mehrpersonenhaushalt. Paare profitieren von einem Skaleneffekt, während Singles für viele Dinge faktisch doppelt so viel zahlen. Das wird besonders bei Lebensmitteln in Großpackungen deutlich, die sich für Paare lohnen, für Alleinstehende aber oft unpraktisch sind.
Psychologische und gesellschaftliche Dimension
Die rein ökonomischen Unterschiede sind jedoch nur ein Teil des Gesamtbildes. Singles spüren auch psychologisch die Mehrbelastung, wenn trotz eines identischen Einkommens weniger vom Nettogehalt übrig bleibt. Gesellschaftlich werden Alleinstehende häufig als finanziell unabhängiger wahrgenommen, obwohl das Gegenteil der Fall ist. Die Präsidentin von Pro Single Schweiz brachte es auf den Punkt, als sie Singles als „Milchkühe der Gesellschaft“ bezeichnete. Auch in Deutschland wird ein „Single-Reflex“ in der Politik immer lauter gefordert: Bei neuen Gesetzen und Förderprogrammen soll stärker geprüft werden, welche Auswirkungen sie auf Einpersonenhaushalte haben. In einer Gesellschaft, in der inzwischen mehr als jeder dritte Erwachsene allein lebt, wird diese Diskussion an Bedeutung gewinnen.
Fazit mit persönlicher Erkenntnis
Leben allein ist teurer. Und zwar nicht nur im Portemonnaie. Sondern auch im gesellschaftlichen Blickwinkel. Während Paare durch steuerliche Vorteile, geteilte Wohn- und Fixkosten sowie Versicherungsrabatte entlastet werden, tragen Singles eine unverhältnismäßig hohe Last. Für mich liegt in dieser Erkenntnis eine klare Herausforderung: Wir sollten als Gesellschaft nicht länger so tun, als sei das Leben als Single ein Sonderfall. Politik, Wirtschaft und Kultur müssen Strukturen schaffen, die Singles nicht benachteiligen, sondern ihre Realität ernst nehmen. Das bedeutet für Sie als Lesende: Hinterfragen Sie, wie gerecht Ihre Umgebung mit verschiedenen Lebensmodellen umgeht – und ob es nicht an der Zeit ist, diese Gerechtigkeitslücke zu schließen.
Quellenübersicht
Statistisches Bundesamt (Destatis): „Einnahmen und Ausgaben privater Haushalte in Deutschland“, 2023.
Bundesministerium der Finanzen: „Besteuerung von Ehe und Familie“, 2022.
OECD: „Taxing Wages – Deutschland“, Bericht 2023.
Pro Single Schweiz: „Der hohe Preis des Single-Daseins“, Sylvia Locher, 2023.
Bundesministerium für Gesundheit: „Pflegeversicherung – Beitragssätze und Zuschläge“, 2023.
IT.NRW: „Armutsgefährdung in Nordrhein-Westfalen“, 2022.
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